Arbeitsplätze sollten Politiker von Rüstungsdeal überzeugen

Vor der Duro-Abstimmung wurde unter Parlamentariern eine Auftragsliste herumgereicht. Doch diese war nur provisorisch.

«500 Personen werden für sechs Jahre einen sicheren Arbeitsplatz haben.» Dieses Argument übertönte am Montag all die Kritik, die seit Wochen gegen den Militärlastwagen Duro laut geworden war. Zu teuer sei der Deal mit der Thurgauer Rüstungsfirma Mowag, hiess es beispielsweise. Zu intransparent das Geschäft, das den Steuerzahler 558 Millionen Franken kosten wird.

Doch in Zeiten von Stellenabbau und Deindustrialisierung lässt das Versprechen sicherer Arbeitsplätze niemanden mehr kalt. Das weiss auch Bundesrat Guy Parmelin, der mit dem Duro erstmals eine knifflige Vorlage ins Bundeshaus brachte. Sichtlich froh, bediente auch er sich des starken Arguments, als er vor den Ständerat trat: «150 Firmen in 20 Kantonen werden von den Aufträgen profitieren.» Und wie erhofft verfehlte es seine Wirkung nicht. Der Ständerat unterstützt das Vorhaben genauso klar wie auch schon der Nationalrat im Dezember. Ganz zur Freude der Kreuzlinger Mowag, die durch die harte Auftragslage der Rüstungsindustrie einen grossen Auftrag gut gebrauchen kann. Es ist kein Zufall, dass im Ständerat viele Befürworter des Duro von den Arbeitsplätzen «in 20 Kantonen» sprachen. Um dem Argument noch mehr Aufwind zu geben, kursierte während der letzten Wochen nämlich eine Liste unter Ständeräten. Dabei handelte es sich um eine Übersicht der provisorischen Teilaufträge, die die Mowag im Duro-Kontext an Firmen in der ganzen Schweiz vergeben wird. Natürlich nur, falls auch der Ständerat dazu Ja sagen würde. Zwar waren die Namen der Unternehmen auf dieser Liste anonymisiert, doch zeigte sie die Anzahl der Unternehmen sowie den gesamte Bestellwert pro Kanton.

«Ich sehe kein Problem»

Die Auftragsliste liess jeden Ständerat die Konsequenzen seines Votums spüren. Sie zeigte den Politikern, wie viel Geschäftsvolumen ihrem Kanton zukommen würde oder verwehrt bliebe, je nach Ausgang der Abstimmung. Eine Entscheidung mit Gewicht. Im kleinen Kanton Neuenburg, beispielsweise, sind Aufträge im Bestellwert von 30 Millionen Franken vorgesehen, die auf nur zwei Unternehmen aufgeteilt werden. In der Aussicht auf solch wertvolle Aufträge in ihren Kantonen, liessen sich viele Ständeräte vom Argument der Arbeitsplätze überzeugen. Der Glarner Werner Hösli (SVP) beispielsweise erklärte in der Ratsdebatte: «Hauptsache, die Arbeitsplätze befinden sich in der Schweiz. Davon profitieren wir alle.» Die Liste kommt von der Mowag und ist nicht öffentlich. Auf Anfrage beim Rüstungskonzern heisst es, man könne die Informationen nicht herausgeben, weil die Verträge noch nicht unterschrieben seien. Doch wie kam die Liste in den Ständerat? Eingespeist wurde sie von der CVP-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller, die der Mowag nahesteht. Sie ist die Präsidentin der Mowag-Personalvorsorgestiftung wie auch beim Mowag-Wohlfahrtsfonds: «Dass viele Unternehmen in der ganzen Schweiz von diesem Auftrag profitieren werden, war ein gutes Argument für die Diskussion vor der Parlamentsdebatte», sagt Häberli. Als Standesvertreterin sei es ihre Pflicht, sich für die Arbeitsplätze in der Schweiz und im Thurgau einzusetzen. «Ich sehe kein Problem darin, dass die Informationen über die wahrscheinlichen Auftragsbeträge in den Kantonen ins Parlament gekommen sind», sagt Häberli.

Vage Abmachungen

Häberli betont, dass sie die Liste nicht selber herumgereicht habe. Deren Inhalt wanderte trotzdem, wohl via andere Duro-Befürworter, durch den Rat. Wer wollte, konnte schon im Vorfeld erfahren, wie viel der Auftragsmenge in seinem Kanton landen wird.

Auch in Telefonaten und Gesprächen wurden den Ständeräten Teilaufträge in ihren Kantonen versprochen. Ähnlich lief es im Dezember im Nationalrat, wo zum gleichen Geschäft eine ähnliche Liste zirkulierte. Nicht alle freuen sich über dieses Vorgehen: «Damit wird auf sehr teure Art Industriepolitik gemacht», sagt Anita Fetz (SP). Sie sei erstaunt über die «Schalmeienklänge diverser Lobbyisten», die den Ständeräten schon im Voraus eingeflüstert hätten, dass «speziell in ihrem Kanton» auch ein paar Firmen für Teilaufträge berücksichtigt würden. Besonders stört sie, dass alles nur provisorisch ist: «Es sind vage Versprechen.» Diese zählten als Argument nicht, wenn es um eine Vorlage zur Modernisierung «völlig überteuerter Lastwagen» gehe.

Ein Blick auf die Listen von Dezember und Februar zeigt, wie unklar die genauen Werte sind. Während zum Beispiel für den Kanton St. Gallen vor drei Monaten noch Aufträge im Rahmen von rund 48 Millionen vorgesehen waren, sind es jetzt nur noch 13 Millionen. Auch für den Kanton Zürich schrumpfte der provisorische Bestellwert von 29 Millionen auf 7 Millionen.

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