Greller, als die Polizei erlaubt

Es brodelt im Baselbiet. Die Entlassung des Polizeisprechers Meinrad Stöcklin gipfelt in einer Schlammschlacht. Er selbst sieht sich als Bauernopfer

Alleingänge, ruppiger Umgang mit Medienleuten, imageschädigendes Verhalten. Meinrad Stöcklin, 49, schnaubt über diese Vorwürfe. Erst wurde er per sofort freigestellt, dann mailte sein Vorgesetzter, der Baselbieter Polizeikommandant Mark Burkhard, die Anschuldigungen an alle 600 Mitarbeiter. Stöcklin klickte auf «Antworten» und schlug zurück. Eine öffentliche Schlammschlacht beginnt. Wer ist der Mann, der ein ganzes Polizeikorps zum Wackeln bringt?

«Ich habe mir nichts vorzuwerfen», sagt Stöcklin gleich zu Beginn und macht klar, dass von ihm keine Selbstkritik kommen wird. Er lächelt viel, der geschasste Mediensprecher. Vielleicht ein bisschen zu viel, als dass man es ihm wirklich abnehmen würde. Es gehe ihm blendend, erzählt er, auch wenn man nicht danach gefragt hat. «Ich fühle mich total erlöst.»

16 Jahre diente Stöcklin als Sprecher der Baselbieter Ordnungshüter. «Bei Wind und Wetter», so sagt er, raste er an die Front, telefonierte mit Journalisten, stellte sich vor die Kamera. Er hat es genossen: «Ein bisschen eitel bin ich schon.» Stöcklin war Mister Kantonspolizei. Genau das ist aus seiner Sicht der zentrale Streitpunkt. «Ich bin dem Kommandanten in der Sonne gestanden.» Burkhard habe ihn loswerden wollen, weil er selbst das Gesicht der Polizei sein wollte: «Der Kommandant hat mich gemobbt.»

«Ich bin nicht als Diplomat auf die Welt gekommen»

Stöcklins Methoden waren unkonventionell. Tiermeldungen schrieb er in der Form von Fabeln, einen entlaufenen Esel nannte er «armes Langohr». Das kam nicht immer gut an. Es gebe sicher angenehmere Mitarbeiter als ihn: «Ich bin kein Kopfnicker, bin nicht als Diplomat auf die Welt gekommen.» So gab es immer wieder Reibereien. «Aber ich bin keiner, der von hinten zusticht.» Einmal versöhnt, sei alles vergessen. Und doch kam es dieses Mal zum Eklat.

Der Auslöser liegt eineinhalb Jahre zurück. Stöcklin, der über ein Jahrzehnt eigenständig gearbeitet hatte, kriegte eine Chefin. Er selbst hatte sich auch für die Stelle beworben: «Aber nur, damit man mir kein Desinteresse vorwerfen kann.» Er habe den Job eigentlich gar nicht haben wollen. Und er schiebt ein Lächeln nach.

Hat er seiner neuen Chefin das Leben schwer gemacht? «Sie ist fachlich unqualifiziert», sagt er. Er habe nicht verbergen können, dass er sie nicht toll fand. Er beschwerte sich beim Kommandanten Burkhard, doch dieser hatte kein Ohr für ihn. «Er hat sie verteidigt, um von seinem falschen Personalentscheid abzulenken», sagt Stöcklin, der sich als Bauernopfer sieht: «Burkhard wollte mich loswerden, damit er seinen Fehler nicht eingestehen musste.»

Stöcklin sagt, er könne sich nicht an ein imageschädliches Verhalten seinerseits erinnern. Doch es gibt gleich zwei Beispiele, wo er vor kurzem negativ auffiel. Im Juli wurde er öffentlich kritisiert, weil er auf Facebook einen Beitrag eines Neonazi geteilt hat. In dem Post wird eine Antithese zu den Anschlägen vom 11. September 2001 vorgestellt. Er habe nicht gewusst, dass ein Neonazi hinter dem Post stecke, sagt Stöcklin: «Dann habe ich ihn gleich gelöscht.» Ein anderes Mal hat er in seiner Funktion als Sprecher des Handballvereins RTV Basel einen Schiedsrichter beleidigt. Dieser hat «Hurensohn» gehört, Stöcklin sagt, er habe «Hurensiech» gesagt.

«Mein Whatsapp und meine Mailbox sind fast explodiert»

Er sei vielleicht ein bisschen impulsiv, ein bisschen emotional, sagt Stöcklin. Aber es herrsche in der Schweiz Meinungsfreiheit. «Nicht Erdogan-Stil, wie es Burkhard betreibt.» Ein Polizeisprecher müsse manchmal polarisieren: «Sonst ist er eine Schlafkappe.»

Die Kantonspolizei Baselland wurde für diesen Artikel angefragt, zu den Vorwürfen Stöcklins Stellung zu nehmen. Kommandant Burkhard liess ausrichten, er wolle sich nicht dazu äussern. Man habe gegenseitiges Stillschweigen vereinbart: «Und wir halten uns daran.»

Stöcklin nicht. «Es geht um Gerechtigkeit», sagt er. Die Öffentlichkeit solle erfahren, dass für solche Fehlbesetzungen Steuergelder verschwendet würden. Er habe viel Zustimmung erhalten: «Mein Whatsapp und meine Mailbox sind fast explodiert.» Das tue ihm gut. «Die Volksseele kocht», sagt Stöcklin. Für ihn.

Er will auch rechtlich gegen Burkhard vorgehen: «Die Vorwürfe sind ehrverletzend.» Will er Rache? Nein, sagt Stöcklin: «Ich selber bin ganz gelassen.» Sein breites Lächeln zeigt die weissen Zähne.

(Bild: Esther Michel)

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