Auch der Wolf merkt den Rechtsrutsch

Das neue Parlament könnte den Schutz für Grossraubtiere noch mehr lockern

Der Aufschrei war gross. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) bewilligte letzten Montag den Abschuss zweier Jungwölfe. Damit soll dem Calanda-Rudel im Grenzgebiet zwischen St. Gallen und Graubünden wieder Respekt vor dem Menschen beigebracht werden. Tierschützer kritisierten den Entscheid, Schafzüchter frohlockten. Die Wolfsfrage zeigt die Kluft zwischen Stadt und Land, zwischen Berg und Tal.

Können sich Wolf und Mensch friedlich Gutenacht sagen? Bild: Bundesamt für Umwelt / bafu.admin.ch
Können sich Wolf und Mensch friedlich Gutenacht sagen? Bild: Bundesamt für Umwelt / bafu.admin.ch

Die Diskussion läuft auch auf dem politischen Parkett heiss – zuungunsten der Grossraubtiere: Das neue Parlament besteht mehrheitlich aus Wolfsgegnern. Dies zeigen Daten von Smartvote. Während 2011 noch nur 46 Prozent der Nationalräte bereit waren, die Schutzbestimmungen für Grossraubtiere zu lockern, sind es nun 53 Prozent.

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Mit Stethoskop und Teleskop

Tankred Stöbe rettete 1400 Flüchtlingen auf dem Mittelmeer das Leben

Plötzlich schrillen die Alarmglocken. Noch 30 Minuten. Tankred Stöbe kämpft sich an der schaukelnden Leiter aufs Deck. Er hastet zum eisernen Schrank. Desinfektionsmittel, Druckverbände, Schwimmwesten: alles bereit.

Jetzt starrt der 46-jährige Arzt raus auf die See. Die dunklen Wellen tanzen. Stöbe greift zum Teleskop. «Die Anspannung springt in diesem Moment von null auf hundert», sagt der Notarzt über die Minuten, bevor seine Crew ein Flüchtlingsboot in Not erreicht. Stöbe kam kürzlich vom Einsatz auf dem Rettungsschiff Dignity 1 der Hilfsorganisation Médecins sans Frontières (MSF) zurück. In vier Wochen hat er 1400 Menschenleben gerettet.

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Trotz des Winterwetters wagen immer noch viele Asylsuchende die Reise über das Mittelmeer. Das zeige ihre pure Verzweiflung, sagt Stöbe. Die Chance zum Überleben sei auf der Überfahrt höher, als wenn sie zu Hause blieben: «Das ist wie russisches Roulette.»

Über 3000 Flüchtlinge sind 2015 ertrunken, mehr als im Vorjahr. Die Dunkelziffer ist hoch. MSF hat vorgestern Freitag beschlossen, mit Greenpeace eine neue Aktion zwischen Griechenland und der Türkei zu starten. Auch vor der libyschen Küste kreuzt weiterhin ein MSF-Schiff.

Die Bedingungen seien prekär gewesen, sagt Stöbe.

«Die Flüchtlinge liegen stundenlang in Salzwasser, Urin und Benzin.»

Wenn sie an Bord kletterten, musste er sekundenschnell entscheiden, wer am dringendsten Hilfe benötigte.

Der Deutsche erzählt gern, er spricht schnell und effizient. Wenn es um seine Mission geht, will er, dass ihn sein Gegenüber versteht. Doch alle paar Minuten zerreisst ein Witz diese Ernsthaftigkeit, er lacht laut und herzhaft.

Seine Empathie und Eloquenz halfen Stöbe auch auf dem Boot, um das Vertrauen der Flüchtlinge zu gewinnen. Nur so könne er die bestmögliche Hilfe leisten: «Manche sind nur erschöpft, aber viele sind schon krank und verletzt bei der Abreise.»

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Hasspredigten des Islamisten sollen nur private «Notizen» sein

Der angebliche Unterstützer der Schweizer IS-Zelle will lediglich «Unterrichtsmaterial» erstellt haben. 

Die Vorwürfe wiegen schwer: Der Iraker Abdulrahman O. soll eine «Vielzahl an Reden» verfasst haben, «die den extremen Salafismus und den Islamischen Staat (IS) als Endziel propagierten». Die Texte würden den «Kampf gegen Andersdenkende und Ungläubige befürworten und die westliche Gesellschaft degradieren», heisst es in der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft.

Gegen O. wird seit Juli 2015 ­ermittelt. Er soll die Schweizer ­IS-Zelle unterstützt haben, die angeblich einen Anschlag geplant hatte und deren Mitglieder im Frühling 2014 verhaftet worden sind. Abdulrahman O. ist weiterhin auf freiem Fuss. Er ist im Kanton Nidwalden gemeldet und ­besitzt eine Autohandelsfirma.

«In den Texten extremistische Inhalte zu finden, ist meiner Ansicht nach an den Haaren herbeigezogen» – Anwalt von O.

Jetzt äussert sich erstmals sein ­Anwalt, Daniel Schütz, zu den Vorwürfen. Es handle sich bei diesen Reden um handgeschriebene Notizen, die in der Wohnung von O. gefunden wurden. Sein Mandant nenne die Notizen «Unterrichtsmaterialien». Zudem seien die Texte aus dem Arabischen übersetzt worden: «Es ist immer problematisch, wenn man einzelne Textstellen isoliert betrachtet und den Gesamtkontext nicht ­anschaut.» Teils handle es sich um Passagen aus dem Koran.

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Winterthurer SP-Politiker Bunjaku fordert vom Bund eine Art Kirchenpflege für Muslime

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Der Winterthurer wechselte im Sommer von der EVP zur SP. Bild: bunjaku.ch

Blerim Bunjaku, SP-Politiker in Winterthur, fordert eine schweizweite Kirchenpflege für Muslime: «Es braucht dringend eine neutrale Institution, um die Qualität der islamischen Vereine zu gewährleisten.

Diese würde beispielsweise die Imame überprüfen.» Die Fachstelle solle «ein gewisses Niveau haben» und Verantwortung übernehmen können. Deshalb solle am besten der Bund eine solche Institution gründen.

Bunjaku ärgert sich über die Filmvorstellung des Islamischen Zentralrats: «Einen solchen Film können wir in Winterthur jetzt wirklich nicht gebrauchen.» Kürzlich war die Winterthurer Moschee An’Nur wegen angeblich radikalen Äusserungen ihres Imams E. in den Schlagzeilen.

Bunjaku setzt sich öffentlich für den interreligiösen Dialog ein. Er ist Gründer des Vereins Fair Winti, der am Donnerstag Imame und Vorsteher ­islamischer Vereine an einen Tisch gebracht hat. Es ging darum, ­Lösungen zu finden, um die Kluft zwischen Muslimen und Nichtmuslimen in der Schweiz zu verringern. Geplant sind ein Tag der offenen Tür und Deutschkurse für Imame.