«Es stinkt nach Stimmenkauf»

Scheich Salman kämpft mit zweifelhaften Mitteln um Sepp Blatters Nachfolge. Fifa-Kenner Mark Pieth fordert, dass sich Verbände dagegen wehren.

Herr Pieth, warum ist es problematisch, dass Scheich Salman am Freitag einen Kooperationsvertrag mit dem afrikanischen Fussballverband CAF abgeschlossen hat?
Jeder neue Kandidat bei der Fifa-Präsidentschaftswahl birgt das Risiko, dass er nach dem Muster Blatters erst seine Machtbasis erkauft. Das System Blatters existiert so weiter, einfach mit anderen Personen. Es scheint, dass mit Scheich Salman genau das passiert: «Entwicklungshilfe» wird als Wahlkampfmittel eingesetzt. Das stinkt nach Stimmenkauf.

Prinz Ali aus Jordanien, der gefährlichste Konkurrent für Scheich Salman, fordert von der Fifa-Wahlkommission eine Untersuchung.
Ich verstehe, dass Prinz Ali von gekauften Stimmen spricht. Die Kommission muss diese Vorwürfe prüfen. Es wäre widersprüchlich, wenn die Fifa Reformen verspricht und bei so etwas dann die Augen verschliessen würde. Im neuen Modell sollte der Fifa-Präsident eigentlich nur noch strategischer Chef, ähnlich wie ein Verwaltungsratspräsident, sein. Doch man muss bedenken: Es gibt auch viele mächtige Verwaltungsratspräsidenten.

Scheich Salman gilt allgemein als problematischer Kandidat. Salman kommt aus einem autokratischen Herrscherhaus.
Ihm wird vorgeworfen, bei der Unterdrückung der demokratischen Bewegung in Bahrain mitgeholfen zu haben. Er hat sich nie von der Unterdrückung des Arabischen Frühlings in seinem Land distanziert. Man muss sich jetzt fragen, ob er geeignet ist, die Fifa aus der Krise zu führen.

Was erwarten Sie jetzt von den Fussballverbänden?
Sie müssten ganz klar Stellung beziehen, ob sie jemanden wie Scheich Salman als Präsidenten haben wollen oder nicht. Und zwar schnell. Erstens müssten sie klarmachen, dass man keinen Autokraten akzeptieren kann – und schon gar nicht, wenn er die Methoden Blatters weiterführt. Zweitens müsste die Wahlkommission reagieren. Diese hat aber nur beschränkte Möglichkeiten.

Was könnte die Uefa unternehmen?
Die Uefa hätte eine sehr wirkungsvolle Möglichkeit. Sie könnte sagen: Wenn es so weitergeht, dann machen wir nicht mehr mit. Die Uefa könnte sich von der Fifa abkoppeln. So könnte Fussball wieder von Geld getrennt werden. Diese Möglichkeit ist aber nicht sehr realistisch, denn viele europäische Clubs werden durch arabische Staaten finanziert, zum Beispiel der FC Barcelona. Zudem ist der europäische Fussball im Moment hochgradig desorganisiert. Deutschland ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, England energielos. Bei der Uefa gibt es nach Platini keine neue Leitfigur.

Und der Schweizerische Fussballverband?
Es wäre Zeit, dass der Schweizerische Fussballverband aufwacht. Er hat auch eine Verantwortung und ist bis jetzt nur still oder versteckt sich hinter Platini. Doch was jetzt läuft, schadet auch dem europäischen Kandidaten Gianni Infantino.

Mit Blick auf die Wahl am 26. Februar: Gibt es überhaupt noch Hoffnung auf einen Fifa-Präsidenten, der nicht bestechlich ist?
Die Wahl ist eine hoffnungslose Situation. Man hat drei problematische und zwei schwache Kandidaten zur Auswahl. Die Gefahr ist gross, dass sich einer der problematischen durchsetzt.

Ausgangslage:

Am 26. Februar ist es so weit. Die Fussballverbände der Welt wählen aus fünf Kandidaten den neuen Fifa-Präsidenten. Bis dahin versuchen alle Kandidaten, Allianzen zu schmieden und Deals auszuarbeiten. Als Kronfavorit gilt der bahrainische Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa, der Präsident des asiatischen Fussballverbands.

Am Freitag hat er einen Kooperationsvertrag mit dem afrikanischen Verband CAF unterzeichnet. Der Zeitpunkt dafür ist sicher kein Zufall. Der CAF ist traditionell einer der wichtigsten Verbündeten für Präsidiumskandidaten, denn am meisten Stimmen (54) kommen aus Afrika. Wenn Salman auf alle seine Verbände des AFC und nun auf die afrikanischen zählen kann, sind ihm schon 101 von 209 Stimmen sicher.

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