Im Bundeshaus formiert sich der Widerstand gegen Aeschi

Politiker aller Parteien verabreden sich auf Guy Parmelin als SVP-Bundesrat .

Geschrieben mit Denis von Burg.

Aeschi verhindern, heisst derzeit die Losung in Bundesbern. Noch bevor morgen Montag die Wintersession beginnt, verständigen sich die Wahlstrategen aus ­allen Parteien auf ein Ziel für die Bundesratswahl vom Mittwoch der   zweiten Sessionswoche: Der Zuger Nationalrat Thomas Aeschi, der als Wunschkandidat der SVP-Spitze gilt, darf nicht Bundesrat werden. Voraussichtlicher Gewinner der Aktion: Der Waadtländer Nationalrat Guy Parmelin.

Thomas Aeschi ist seit 2011 im Nationalrat. Bild: aeschi.com

Auf dem Programm mehrerer, vor allem bürgerlicher Partei- und Fraktionschefs stehen für nächste Woche Termine, um die Nichtwahl Aeschis zu planen. «Der Widerstand gegen Aeschi ist gross. Jetzt müssen wir eine gemeinsame ­Strategie definieren», sagt ein Strippenzieher. Für die meisten ist diese auch klar: Parmelin ­wählen, Aeschi verhindern. Schon ­kursieren Rechenspiele: «Aeschi braucht um die 70 Stimmen aus FDP, CVP und den kleinen Mitteparteien, um gewählt zu werden. Das können wir verhindern.»

Die Anti-Aeschi-Front ist breit: So weibelt die Bauernlobby derzeit für Parmelin: «Als Wein­bauer ist er einer von uns.» Die CVP, angeführt durch die Innerschweizer, wehrt sich gegen Aeschi – auch weil dort mancher auf die Nachfolge von CVP-Bundesrätin Doris Leuthard schielt. Würde jetzt mit Aeschi als Zuger schon ein Innerschweizer Bundesrat, wären deren Aussichten kompromittiert.

Der Schwyzer Nationalrat Alois Gmür hat schon öffentlich gegen Aeschi aufgerufen: «Für mich ist er als Bundesrat nicht wählbar». Aeschi fehle das politische Fingerspitzengefühl: «Er stellt viele Anträge, die zu wenig durchdacht und nicht abgesprochen sind.» Der ­Zuger sei hyperaktiv, es fehle ihm Führungserfahrung: «Es gibt das Risiko, dass er sein Departement nicht im Griff hätte», sagt Gmür.

Auch an anderen Ecken der Politlandschaft klingt es ähnlich: «Wenn Aeschi wieder einmal einen chancenlosen Antrag stellt, schauen sich die anderen Kommissionsmitglieder nur schulterzuckend an. Alle denken das Gleiche». Er sei ein Streber im Quadrat, «socially awkward» und habe das Format für einen Bundesrat «ganz sicher nicht». Doch am meisten Widerstand erwächst Aeschi wegen seines Images als «Blocher-Büebli». Er würde bei Geschäften konstruktiv mitarbeiten, aber werde dann von der Parteispitze zurückgepfiffen: «Er hat den Mumm nicht, Rückgrat zu zeigen», heisst es. Und deshalb bezeichnen sich selbst in der SVP einige als Aeschi-Gegner.

Der Plan «Sprengkandidat» ist  vorerst auf Eis gelegt 

Auch führende FDPler sprechen sich gegen Aeschi aus. Weil sie aber keinen dritten Welschen im Bundesrat wollen, träumen einige noch immer von einem wilden SVP-Kandidaten.

Der Plan eines Sprengkandidaten ist aber derzeit auf Eis gelegt. In der SP-Spitze, die einen solchen anführen müsste, winkt man ab: «Es gibt keinen Bedarf, und solange Parmelin im Rennen ist, gibt es auch keinen Spielraum dafür.» Klar ist aber für die Genossen: Selbst wenn sich die SP offiziell aus der Bundesratswahl herausnehmen sollte, würde man falls ­nötig Parmelin stützen und damit ­Aeschi verhindern. SP-Ständerätin Geraldine Savary hat Parmelin bereits als «sicher nicht unwählbar» erklärt. Auch die Grünen, die offiziell alle SVP-Kandidaten boykottieren, sind bereit, am Ende ­Aeschi mit Parmelin zu stoppen.

Gleichzeitig geht unter den ­Aeschi-Gegnern das Gerücht um, die SVP-Spitze wolle ihrem Favoriten mit einem hinterlistigen Plan Vorsprung geben. Sie wolle ihren Kandidaten Parmelin öffentlich diskreditieren und ihn aus dem Rennen nehmen. Genährt wird diese Spekulation durch Parlamentarier, die mit Rechercheversuchen der «Weltwoche» konfrontiert wurden. Es heisst, die Zeitschrift von SVP-Nationalrat Roger Köppel versuche Parmelin ein Alkoholproblem nachzusagen. Köppel will die Recherchen nicht kommentieren. Auf die Frage, inwiefern die SVP darauf Einfluss habe, sagt er: «‹Die Weltwoche› ist eine parteiunabhängige Zeitung. Die SVP-­Parteileitung ist in die Themen­gestaltung nicht involviert.»

So rollt im Bundeshaus der Plan «Aeschi verhindern» weiter.

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