Wohnungsbetrüger in Zürich verhaftet

Auch in Basel und Bern wurden mit gefälschten Inseraten auf Immobilienplattformen Tausende Franken ergaunert

Zürich Überschrieben war das Inserat mit «Perle zu vergeben!» Eine schmucke, möblierte 3-Zimmer-Wohnung für nur 1000 Franken im Zürcher Niederdorf: Für Wohnungssuchende in der begehrten Grossstadt ein überaus verlockendes Angebot.

Jetzt galt es, schnell zuzu­greifen. Unter der angegebenen Mailadresse meldete sich eine sympathisch klingende Rianna Torres. Sie pflege gerade ihren kranken Vater in England und könne den Interessenten deshalb «leider, ­leider» nicht persönlich treffen, sagte Torres. Nach der Überweisung einer Kaution werde sie aber den Wohnungsschlüssel zusenden. Doch kaum war das Geld über­wiesen, war von Rianna nichts mehr zu hören.

Jetzt ist es der Zürcher Polizei gelungen, zwei Wohnungsbetrüger zu verhaften. Weitere Infor­mationen über den Zugriff sowie über die Täterschaft will sie «wegen laufender Ermittlungen» nicht bekannt geben. Zürich ist ­neben Genf der einzige Kanton, dem bisher eine solche Verhaftung gelungen ist.

Die Betrüger sind vor allem in   Ballungszentren aktiv

Tatsächlich boomt das Geschäft mit den gefälschten Immobilieninseraten. Die Wohnungsnot in den Städten ist gross – das nützen die Betrüger aus. Allein im vergangenen Jahr zählte die Schweizerische Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik) 278 solcher Meldungen. 2015 werden es gemäss Kobik noch mehr sein. Aktiv seien die Betrüger vor allem in den Ballungs­zentren Zürich, Basel, Bern, Lausanne und Genf.

Die Polizeistellen in diesen Kantonen bestätigen den Trend. In Bern beträgt der Schaden jährlich 50 000 Franken. Es sei schwierig bis unmöglich, diese Betrüger zu fassen, heisst es im Kanton Waadt, denn sie operierten «oft aus dem Ausland». Die Verfolgung von Zahlungen via Geldtransfer­anbieter wie zum Beispiel Western Union sei schlicht zu aufwendig. Aus den anderen Kantonen klingt es ähnlich.

Die Inserate erscheinen auf Vermittlungsplattformen wie Immo­scout   24 oder Homegate und Tutti.ch, die beide wie die SonntagsZeitung zu Tamedia gehören. Um die gefälschten Inserate glaubwürdig erscheinen zu lassen, missbrauchen die Betrüger auch den Namen und das Logo von etablierten Immobilienfirmen.

«Der Ruf der ganzen Branche leidet»

Zum Beispiel von Primobilia aus Wallisellen ZH. «Es stört mich, dass mit unserem Namen Unfug getrieben wird», sagt Geschäftsführer Rolf Schuhmacher. Auf die Spur der betrügerischen Inserate sei er erst durch den Hinweis eines Interessenten gekommen, sagt Schuhmacher. «Der Ruf der ganzen Branche leidet.» Deshalb fordert er jetzt mehr Verantwortung von den Plattformen: «Ich erwarte, dass sie besser kontrollieren, wer in unserem Namen Inserate aufschaltet», sagt Schumacher.

Immoscout  24 verweist auf die bereits vorhandenen Sicherheitsmassnahmen, die zudem laufend ausgebaut würden. «Jedes Inserat durchläuft einen mehrstufigen, auto­matischen Prüfprozess», sagt Sprecherin Cornelia Magnin. Teilweise würden die Inserate sogar manuell kontrolliert. Dies sei ein immenser Aufwand: «Pro Jahr bewegen sich die Kosten im siebenstelligen Bereich». Magnin appelliert auch an die Wohnungssuchenden, die Inserate selber zu prüfen. Auch Tutti.ch und Homegate setzen auf Kontrollen und Information: «Dadurch konnten wir die Zahl gefälschter Inserate bereits massiv senken», sagt Homegate-CEO Axel Konjack.

Mit dem Löschen dieser Inserate schützen sich die Plattformen auch selbst. «Tun sie dies nicht, können sie sich der Gehilfenschaft schuldig machen», sagt Myriam Stucki von der Kobik.

Die Betrügermasche gibts auch in Deutschland. Dort hat sich bereits eine Bürgerinitiative gebildet, die gefälschte Inserate auf einem Blog sammelt und als Warnung veröffentlicht. In der Schweiz gibt es noch keine solche Hilfestellung für Wohnungssuchende.

Artikel erschien am 8. November in der SonntagsZeitung. 

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